Es hätte ja die Schlagzeile des Tages werden können: Vranitzky tritt als Bundeskanzler zurück, Klima wird sein Nachfolger. Daß diese Meldung dann doch beinahe unterging, haben wir der Tatsache zu verdanken, daß auch der Rest der Welt nicht schlief, und somit ein bedeutend wichtigeres weltpolitisches Ereignis in aller Munde war: Die HTBLA Zeltweg hielt ihren IX. Maturaball ab!
Wer es also geschafft hatte, rechtzeitig an Maturaballkarten zu gelangen, konnte wieder an einem der größten Ballereignisse des Landes teilnehmen. Was nicht so ganz einfach war, da in diesem Jahr die Besucherzahl beschränkt war. Aber Absolventenvereinsmitglieder hatten ja den Vorteil, die Ballgutscheine zugeschickt zu bekommen. Wenn sie nicht zu den mehr als zwanzig gehörten, die trotz Einzahlung nie einen Gutschein zu Gesicht bekommen hatten, die ihn verloren hatten, die ihren Namen nicht auf den Erlagschein geschrieben hatten, die zu spät bezahlt hatten, und solche die gar nicht bezahlt hatten und
Doch die Beschränkung der Besucherzahl wurde von denen, die es geschafft hatten, durchwegs als ausgesprochen positiv empfunden. Konnte man sich doch wieder einmal einigermaßen ungehindert bewegen, die Getränke kamen, bevor man verdurstete, und man traf sogar mehr Bekannte als sonst, da sie nicht ganz in der Masse verschwanden. Der Ball selbst war wieder bestens organisiert, fast zu gut. Begab ich mich doch anfangs gleich in die Bierstub’n, und da ich mir sicher war, daß die Polonaise sowieso nicht pünktlich beginnt, trank ich in Ruhe mein Bierchen, und begab mich zwanzig Minuten nach acht gemächlichen Schrittes zur Tanzfläche: Aber da tanzten sie schon Walzer! Also wieder einmal kein Bericht über die Polonaise. Dafür eine Bemerkung zur Bierstubn. Hierbei scheint es sich tatsächlich um einen magischen Ort zu handeln, denn wartete man dort ein paar Minuten, konnte man sich ziemlich sicher sein, bald einen seiner Schulkollegen zu treffen (selbst solche, die gar keinen Alkohol trinken!). Und fragte man ihn dann, was ihn in die Bierstubn getrieben habe, so war die Aussage fast immer dieselbe: Hier trifft man am ehesten seine Schulkollegen! Ob die grüne Farbe der Schule also doch auf der Marketingidee eines Werbegurus beruht ...? Doch nicht nur das Getränk mit dem grünen Etikett gab es dieses Jahr auf dem Ball, mancher Trunk war tasächlich von grüner Farbe. Oder rot. Oder blau. Wer also schon vorsorglich eine Ausrede brauchte, warum er am nächsten Tag keine Wunderleistungen verbringen könne, griff zu einem WOODYS (alle möglichen Farben, ein „Refreshingly different drink, alcoholic Mexican Lime fruit drink", oder begab sich zu den DESPERADOS (flavoured with Tequilla 5,9 %). Ich habs jedenfall überlebt.
In zahlreichen Bars waren wieder Livebands vertreten, zahlreiche Musikstile drangen an unser Ohr. Von Grunge, Hardrock, Techno (das Motto war schließlich Technokratie) und ähnlichem (jemand machte die Bemerkung, daß sie in manchen Bars doch sehr sehr eigenartige Musik spielen ...), über Steirisch (gefiel ihm schon besser) bis zu den Standarddiscoklängen des Alpenlandes (Tina Turner bis Udo Jürgens), aber auch Lärm (mit seiner bekanntesten Interpretin Claudia Jung) war fast alles zu hören. Nicht so oft fiel mir die Kelly Family auf, was vielleicht daran lag, daß erst ab 16 Jahren Einlaß gewährt wurde (ich würde niemals zugeben, daß mir manchmal ein Lied von ihnen nicht mißfällt ...).
Um 5 begann dann das letzte Gefecht. Strategisch klug begannen die Maturanten zuerst die äußeren Bargebiete langsam auszutrocknen. Und jetzt mußte man auch klug vorgehen. Denn auch wenn eine Front nach der anderen zusammenbrach, so einfach konnte man sich natürlich nicht geschlagen geben. Ein taktischer Rückzug in eine andere Bar, ein letztes Getränk noch, und wieder waren ein paar Minuten gerettet (mancher bestellte gleich eine Flasche Baccardi). Nur nicht auffallen, nicht grölen, keine Hunde beißen, lieber ein paar Geheimtips über die letzten unbesetzten Gebiete sammeln. Und so ging eine Schlacht nach der anderen verloren. Aber von ihrem eigenen Maturaball wissen manche vielleicht noch, wie sehr man diese Leute liebt, die um halb sechs seit einer Stunde an ihrem letzten Bier nippen, und die immer sagen, wie dumm man doch sei, wenn man sie nachhause schickt, könnte man doch noch soviel Umsatz mit ihnen machen. Aber heutzutage steht man eben auf der anderen Seite. Aber da ich nun doch auch schon etwas die eigenartigen Getränke spürte, die ich zu mir genommen hatte, begab ich mich nun doch nachhause. Was eine sehr erfrischende Angelegenheit war, da meine Jacke leider schon weggesperrt worden war und es draußen doch sehr wenige Krügerl im Schatten hatte. Am nächsten Tag kam ich jedoch ohne Schwierigkeiten an meine Jacke (dank „Bischis" Hilfe). Vieles könnte man nun noch schreiben, über die Bewegungen von Mädchen in Schuhen mit Plateauabsätzen, Frauen auf Herrentoiletten, eigenartige Haartrachten etc. Auf alle Fälle bleibt aber noch zu sagen, daß es wieder ein ausgesprochen gelungener Ball war, zu dem man den Maturanten nur gratulieren kann.
Eigentlich stünde an dieser Stelle nun ja: Dann bis zu nächsten Ball! Jedoch: Schwankte die Wahrscheinlichkeit, daß es wieder einen Maturaball an der Schule gibt in den vergangenen Jahren um diese Jahreszeit zwischen 73 und 103 %, um dann zwischen November und Dezember kurzfristig gegen 0 zu sinken, so liegt sie derzeit nur bei ca. 17,6 %. Es wird jedoch durchaus von allen Seiten ein Ball angestrebt, allerdings nicht mehr an der Schule. Nur würde wohl jede Änderung der Örtlichkeiten eine ziemliche Redimensionierung des Balles erfordern, will man ihn nicht im Chaos enden lassen. Und auch vom Aufbau her könnte er wohl nicht einmal ein müder Abklatsch des jetzigen sein. Er wäre eben ein Ball wie jeder andere. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, soll doch die Wahrscheinlichkeit in den letzen Wochen wieder um eine paar Prozentpunkte gestiegen sein. Und die Reste der Dekoration werden nach wie vor in der Schule aufbewahrt ...