Der Gute Ruf

Das soll keine Nestbeschmutzung werden. Es ist auch vielleicht ein sehr persönlicher Eindruck, den ich in Gesprächen mit einigen Personen gewann. Unter ihnen waren Professoren, Schüler, Leute aus Unternehmen und andere, welche auf die eine oder andere Weise mit unserer Schule verbunden waren oder an ihr interessiert sind. Es sind auch Eindrücke darunter, die beim Betrachten der Ergebnisse der diesjährigen Matura entstanden, wo doch größere Ausfallsziffern zu verzeichnen waren. Um es kurz zu machen (was kein Urteil über Wahrheit oder Unwahrheit ist): Unserer Schule droht die Gefahr, in einen schlechten Ruf zu geraten!

Ohne Urteil seien wiedergegeben Aussagen wie: Professoren kümmerten sich nicht um die Schüler! Von den Neuanfängern einer Klasse hätten höchstens 3-4 das Recht, bis zur Matura zu gelangen! In den letzten Jahren sei mit den Schülern nichts mehr anzufangen! Ferialpraktikanten und ins Berufsleben Eintretende hätten keine Ahnung von der Praxis!

Man könnte sie als Einzelmeinungen abtun (sind es vielleicht auch). Man könnte in ihnen Generationenkonflikte sehen. Man könnte eine Bildungsfeindlichkeit daraus ablesen, der jeder höhere Schulabschluß suspekt ist. Leider häufen sich solche Aussagen. Und oft scheint es (oder ist so), daß dem wenig positive Aussagen gegenüberstünden.

Schön, es mag Schulen geben, die ihr "Über-alles - dafür-nichts - wissen" als den einzigen Weg zum kultivierten Menschen darstellen. Es mag auch sein, daß es Schulen gibt, deren Lehrstoff doch näher am "Marketing" liegt. Uns muß aber interessieren, wie die Wirtschaft die Absolventen unserer Schule aufnimmt.

Eines der Probleme mag darin liegen, daß es doch den einen, den anderen (und noch viele andere mehr) Jugendliche gibt, die meinen, ihr neuntes Schuljahr doch am einfachsten in ihrem Heimatort absolvieren zu müssen. Geht's gut, ist's gut, und sonst geht's auch. Das alles meist ohne sich vorher zu fragen, ob jemand wirklich das Zeug für eine höhere Schule hat. Was nicht abwertend gegen die gemeint sein soll, die schon früher ins Berufsleben einsteigen. Aber es sollte doch ein gewisses Interesse vorhanden sein, die Schule auch ab-schließen zu wollen. Wir mögen nicht die einzigen davon Betroffenen sein, denn die Ausfallsraten der ersten Jahrgänge aller berufsbildenden Schulen sprechen Bände davon. Gerüchteweise soll sich aber auch das Verhältnis zwischen Professoren und Schülern an unserer Schule in den letzten Jahren generell etwas abgekühlt haben.

Doch nicht nur negatives soll geschrieben werden: Wie ich beim Bericht über den letzten Tag der offenen Tür schrieb, es ist doch beeindruckend, welches technische Gerät den Schülern heute bei der Ausbildung zur Verfügung steht. Ich glaube auch, daß unsere Absolventen im Beruf durchaus ihren Mann/ihre Frau stellen. Oftmals ist es jedoch so, daß beim Einstieg ins Berufsleben viel theoretisch Gelerntes keine Anwendung findet und auf anderen Gebieten ein Spezialwissen vorhanden sein soll, welches die Schule oft einfach aufgrund von Zeitmangel nicht vermitteln kann. Ausbildung und berufliche Praxis weisen doch auch bei Absolventen der BHS Unterschiede auf. Aber Neueinsteiger müssen sich überall erst durchsetzen. Und es mag auch Professoren geben, die zwar über großes theoretische Wissen verfügen, denen es aber nicht gelingt, es den Schülern zu vermitteln. Aber ich glaube doch, daß es noch viele Möglichkeiten gibt, daß Schüler, Professoren und Unternehmen ihre gegenseitiges Verhältnis verbessern. Wir alle würden davon profitieren.

(Robert Guschelbauer 9. September 1996)